Sebastian Hartmann ist Experte der SPD-Bundestagsfraktion für Fragen des Zivil- und Katastrophenschutzes. Der 44-jährige vertritt den Rhein-Sieg-Kreis als Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Wir sprachen mit ihm über die Unwetterkatastrophe und die Konsequenzen für den Katastrophenschutz.
Das Hochwasser hat auch den Rhein-Sieg-Kreis getroffen. Wie blicken Sie als Bundestagsabgeordneter darauf?
Ich bin erschüttert. Über 180 Opfer hat das Hochwasser in Deutschland gefordert, neun im Rhein-Sieg-Kreis. Es gibt enorme Sachschäden. Manche haben alles verloren. Nach der Akutphase war ich in den betroffenen Städten. In Rheinbach waren das Telefon- und Stromnetz beeinträchtigt, in Swisttal türmten sich zerstörte Möbel. Die Bewältigung wird noch lange dauern. Es ist gut, dass Bund und Länder für den anstehenden Wiederaufbau 30 Milliarden Euro geben.
Schon im April 2020 hatten Sie Vorschläge für eine Reform des Bevölkerungsschutzes ausgearbeitet. Welche Konsequenzen sind nötig?
Die Bundesländer müssen ihre Katastrophenschutzpläne regelmäßig prüfen und anpassen. Krisenszenarien gilt es über Ländergrenzen hinweg zu üben. Mit „Corona“ und Hochwasser haben wir zwei große Krisen parallel zu bewältigen. Das Bonner Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wäre die richtige Behörde, um solch länderübergreifende Katastrophen zentral zu koordinieren.
Und: Wir brauchen verschiedene Warninstrumente – auch das „Cell Broadcasting“, mit dem wir gezielt Menschen ohne App erreichen. Die Bevölkerung müssen wir aufklären: Was ist bei Hochwasser zu tun, welcher Vorrat gehört in den Keller?
Ein Wort zu den vielen Ehrenamtlichen.
Ohne Ehrenamtliche ist so eine Krise nicht zu bewältigen. Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft hat mit ihren Booten Menschenleben gerettet, die Feuerwehr hat Keller ausgepumpt, der Arbeiter Samariter Bund Hygienekits verteilt, das Deutsche Rote Kreuz Mahlzeiten ausgegeben, das Technische Hilfswerk Brücken gebaut. Die Johanniter haben Menschen ärztlich versorgt, Malteser psychologisch unterstützt. Das Ehrenamt gilt es weiter zu stärken, mit einem Recht auf Freistellung oder flexible Fortbildungen.
Wie sehen Sie Ihre Aufgabe in den kommenden Monaten?
Ich werde mit Betroffenen im Gespräch bleiben. Die Hilfen müssen ankommen. Auch mit den Hilfsorganisationen bin ich im Austausch. Sie alle, auch die Feuerwehren, geben mir wichtige Impulse. Ich will mich weiter dafür einsetzen, dass der Katastrophenschutz fit wird für die Zukunft.