Abgeordnete widersprechen Bürgermeistern: Land zahlt 80 Prozent – Bund wegen Steuereffekten praktisch gar nichts

Die drei Landtagsabgeordneten Achim Tüttenberg, Dirk Schlömer (beide SPD) und Horst Becker (Parlamentarischer Staatssekretär, Die Grünen) äußern großes Verständnis für die Forderung der Bürgermeister und Kämmerer des Rhein-Sieg-Kreises nach deutlich mehr Geld für die Unterbringung und Integration der Flüchtlinge. Wofür sie allerdings überhaupt kein Verständnis aufbringen, ist, dass mit dieser Forderung erneut nicht die staatliche Ebene konfrontiert wird, die unstrittig federführend für die Zuwanderungspolitik zuständig und verantwortlich ist.
„Ob, wie viele und wie schnell Flüchtlinge nach Deutschland und damit auch nach Nordrhein-Westfalen kommen, entscheidet nun wirklich nicht die Landesregierung in Düsseldorf, sondern ausschließlich die Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel. Diese zeigt sich verbal humanitär, lässt aber Länder und Kommunen weitestgehend auf den Kosten und Folgekosten sitzen, insbesondere für die Integration“, beanstanden die drei Abgeordneten.

Becker, Schlömer und Tüttenberg untermauern dies auch mit konkreten Zahlen. Das Land NRW zahlt in diesem Jahr rund 4 Milliarden Euro für die Kosten rund um die Flüchtlinge. Daran beteiligt sich der Bund als hauptmaßgebliche Ebene mit lediglich rund 800 Millionen Euro. Das sind etwa 20 Prozent, das Land trägt also 80 Prozent der Kosten. „Wer dann wie die Bürgermeister noch fordert, dass das Land über die bereits 80 Prozent hinaus noch mehr aufbringen und die eigentlich verantwortliche Ebene des Bundes schonen soll, verhält sich unlogisch und unfair.

Hinzu kommt, dass durch die zu 80 Prozent vom Land finanzierten Leistungen für Unterkünfte, Verpflegung, Ausstattung und medizinische Versorgung, Neueinstellung von Lehrern etc. natürlich auch ein steuerlicher Einnahme-Effekte für den Staat in Form von Gewerbe-, Einkommen- und Mehrwertsteuer ausgelöst wird. Diese spezifischen Steuer-Mehreinnahmen fließen aber zu einem großen Teil in die Kasse des Bundes. Verrechnet man die mageren 20 Prozent Ausgaben des Bundes mit den zu 80 Prozent von den Länderausgaben verursachten zusätzlichen Steuereinnahmen des Bundes, so ist man nicht weit von dem Saldo entfernt, dass unter dem Strich der Bund überhaupt nichts zahlt und sich über einen fetten Haushaltsüberschuss freut. Wären die 20:80 Prozent Bund:Land übrigens umgekehrt, so würde NRW zum ersten Mal seit Jahrzehnten die „schwarze Null“ im Haushalt erreichen.

Deshalb fordern SPD und Grüne übrigens in Land und Bund, dass sich die Bundesregierung unverzüglich zumindest zur Hälfte an den Gesamtkosten der Flüchtlinge beteiligen muss. Das wäre angesichts der hohen Haushaltsüberschüsse des Bundes auch die richtige Forderung der Bürgermeister gewesen. Wer das nicht tut, verfolgt andere Ziele als die notwendige faire Verteilung der Lasten und Kosten.“
Die drei Landtagsabgeordneten äußern sich auch zur Verteilung innerhalb von NRW. Es sei maßgeblich ihrer Überzeugungsarbeit in den Regierungsfraktionen zuzuschreiben, dass die Flüchtlingszuweisungen in den Rhein-Sieg-Kreis zulasten einiger Großstädte mit unterdurchschnittlicher Aufnahmequote stark gedrosselt wurden. Das war zugesagt, das wurde umgesetzt. Diese Entlastung ist vor Ort spürbar angekommen.

Unverständlich sei dagegen, dass insbesondere der Rheinbacher Bürgermeister Raetz immer wieder die zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden abgeschlossene Vereinbarung brandmarkt, obwohl er selbst im Präsidium des Städte- und Gemeindebundes daran mitgewirkt hat. Damit täusche er bewusst die Öffentlichkeit über seine Rolle. Die Abgeordneten sehen das Land durchaus flexibel bei der Frage eines anderen Kostenverteilungsschlüssels. „Die kommunalen Spitzenverbände mögen gerne einen anderen Schlüssel vorschlagen. Aber bitte nicht den schrägen Vorschlag wiederholen, das Land solle mit noch höheren Zahlungen den Bund entlasten.“